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Leseprobe "Schatzsuche wider Willen Teil 1"

Auf der Straße parkten vereinzelt einige alte Schwebegleiter, die Old Bob bereits von der Erde her kannte. Sie waren kurz nachdem die Aliens auf die Erde kamen entstanden und wirkten sehr plump in ihrer Bauweise. Auf der Straße war keine menschliche und auch keine außerirdische Seele anzutreffen.

Hank sah, als sie vor dem Laden standen, hinauf und blickte dann fragend zu Old Bob hinüber. „Woran erkennst du, dass das ein Uhrenladen sein soll?“

„Alle Uhrenläden der Kette ‚Seven Seals‘ sind Wolkenkratzer oder zumindest Hochhäuser. Und das hier ist das einzige Hochhaus in unmittelbarer Nähe. Sieh doch nur auf das Schild am Eingang!“ Old Bob deutete auf eine Plakette, woraufhin Hank diese studierte.

„Tatsächlich“, staunte er. „Das ist tatsächlich ein ‚Seven Seals‘-Kaufhaus. Auf diesem Planeten gibt es keine überdimensionalen Werbeschilder so wie bei uns auf der Erde.“ Die beiden betraten daraufhin den Laden.

Im Gegensatz zur hellen Außenfassade wirkte der Laden im Inneren sehr düster und vor allem klein. Old Bob konnte es nicht fassen, aber die Größe des Gebäudes wurde keinesfalls ausgenutzt und er dachte amüsiert darüber nach, ob nicht selbst daheim in seiner Toilette großzügigere Platzverhältnisse herrschten als im Erdgeschoss dieses Ladens.

Mehrere kleine Deckenstrahler stachen mit ihren Lichtfingern durch die Düsternis und malten gleißende Lichtpunkte scheinbar wahllos auf Theke und Boden. Ein Fenster suchte man hier vergebens. Auch konnte Old Bob keine Möglichkeit erkennen, in ein anderes Stockwerk zu gelangen, und so langsam glaubte er, dass diese auch gar nicht für die Kundschaft gedacht waren. Zumindest nicht für die normalen Kunden.

In der Mitte des Raumes war eine offene, kleine und trapezförmige Vitrine, in der einige Plasmauhren-Modelle der Marke Swizz Cake lagen, wie ein Schild davor informierte. Hank ließ einen Blick darüber gleiten, aber da sie allesamt abscheulich aussahen, suchte er den Laden nach seinem Besitzer ab und wurde auch gleich darauf fündig.

Hinter einem fast nachtschwarzen Tresen stand ein Mann mit einer tiefschwarzen Sonnenbrille und einem pechschwarzen Turban auf seinem Kopf. In seiner Hand hielt er einen roten Stock, den er benutzte, um nicht nach vorne umzufallen. Hank und Old Bob warfen sich einen viel sagenden Blick zu.

Rechts neben dem Mann stand ein gelbes Gerüst aus Stangen, das in einem krassen Gegensatz zu dem düsteren Inneren des Ladens stand. Auf einer Stange hockte ein grün-rot-blau-gelb gefiederter Papagei.

Als Hank und Old Bob in die Richtung der beiden schlenderten, spreizte der Papagei seine Flügel zu voller Länge auf und tanzte von einem Bein auf das andere, während er laut „Korax, Korax!“ rief. Der Mann drehte seinen Kopf in ihre Richtung und nickte einmal.

„Hallo! Sind Sie, äh, wie soll ich sagen … Ist das hier ein Uhrenladen?“, fragte Hank vorsichtig, da ihm dieses Geschäft sehr suspekt erschien.

„Nein, Sie befinden sich im Mad Magazin! Korax!“, antwortete der Papagei. Der Mann nickte einmal.

„Was?“, fragte Old Bob fassungslos.

Der Mann nickte.

„Nein, ihr seid natürlich … Korax … in einem Uhrenladen. Korax. Wonach sieht das hier wohl aus? Korax!“, rief der Papagei und neigte seinen Kopf zur Seite.

Der Mann nickte.

Hank schien es, als blicke sie der Papagei intelligent an. Er wusste, dass Papageien intelligent waren, aber dieser hier schien etwas Besonderes zu sein. Er konnte sogar frei sprechen und seine Meinung äußern.

„Sie haben da einen tollen Papagei, Mister“, äußerte sich Hank.

Der Mann nickte und nach einer kurzen Pause nickte er noch einmal.

Hank sah Old Bob mit einem fragenden Blick an. Dieser zuckte mit seinen Schultern.

Der Papagei sagte „Korax.“ Der Mann nickte.

„Mein Freund hier hat eine kaputte Digitaluhr“, meinte Old Bob. „Wir sind durch die halbe Galaxis gereist, um sie hier reparieren zu lassen.“

„Das kostet Geld und viel Zeit! Korax“, antwortete der Papagei.

„Geld spielt keine Rolle“, meinte Hank großzügig.

„Was? Ja, für dich vielleicht nicht, aber für alle anderen hart arbeitenden Personen schon“, belehrte ihn Old Bob.

Hank zog einen Batzen Geld aus seiner Hosentasche und wedelte damit vor dem Gesicht des Mannes herum.

Der Mann nickte.

„Zeig’ mir mal das Geld“, kreischte der Papagei. „Korax!“, fügte er dem Vorangegangenen noch hinzu.

Der Mann nickte.

So langsam wurde es Old Bob unheimlich, doch dann ging ihm ein Licht auf.

Hank sah den Papagei schräg an. „Hat Ihr Papagei gerade gesagt, dass er sich um die Geldgeschäfte hier kümmert?“, fragte er vorsichtig.

Der Mann nickte.

„Ist dieser Mensch Ihr Haustier und sind Sie der Ladenbesitzer?“, fragte Old Bob gerade heraus den Papagei.

„Korax. Schenkt diesem Menschen eine Gratisuhr! Korax! Ja, natürlich bin ich der Ladenbesitzer hier! Wer denn sonst? Korax! Menschen sind immer so schwer von Begriff! Korax. Korax.“ Der Papagei hüpfte auf seiner Stange herum. Auf einmal summte ein Motor und die beiden sahen, wie das Gestell mit dem Papagei, wie von Geisterhand bewegt, in ihre Richtung schwebte.

„Das ist ja ein toller Trick, aber wir haben jetzt keine Zeit dafür“, plapperte Hank drauflos. „Meine Uhr muss so schnell wie möglich repariert werden. Johnny, der Weltraumpirat, wartet sicherlich schon ungeduldig vor unserem gestohlenen Raumschiff!“

Old Bob trat Hank mit voller Wucht gegen das Schienbein.

„Aua!“, schrie Hank auf.

„Bist du still!“, zischte Old Bob.

„Johnny? Korax. Johnny, der Weltraumpirat, ist hier mit einem … Korax! … gestohlenen Raumschiff? Korax“, erkundigte sich der Papagei neugierig.

Der Mann nickte.

„Da siehst du, was du angerichtet hast“, brummte Old Bob.

„Keine Angst, Freunde. Korax. Euer Geheimnis ist bei mir sicher. Korax“, meinte der Papagei lässig.

Der Mann nickte heftig.

„Sie haben da aber ein sehr plapperfreudiges Haustier, guter Mann. Aber könnten wir wohl zum Geschäft kommen?“, fragte Hank höflich.

„Haustier? Korax. Ich? Korax. Unverschämtheit! Korax“, schimpfte der Papagei.

Old Bob tippte Hank von hinten auf die Schulter. Er wollte ihn über sein Missverständnis aufklären, doch dieser beschäftigte sich lieber mit dem Papagei.

„Wie? Will Polly einen Cracker haben?“, lachte Hank.

„Menschen! Korax. Ihr seid zu überhaupt nichts zu gebrauchen, nur als Haustiere. Und als Kunden taugt ihr auch nichts! Korax!“

„Hey, ich glaube, ich habe sogar wirklich noch einen Keks dabei!“, grinste Hank.

„Will Polly einen Cracker? Korax. Verdammte Menschen! Korax!“ Der Papagei plusterte sich auf.

„Süßer Papagei!“, meinte Hank und versuchte, den Papagei zu streicheln. „Aua!“, schrie Hank plötzlich auf.

„Was ist passiert?“, rief Old Bob besorgt.

„Er hat mir in den Finger gebissen!“, jammerte Hank weinerlich. „Dann kriegt Polly auch keinen Keks.“

„Elender Depp! Korax!“, schimpfte der Papagei.

Old Bob wagte erneut einen Versuch, Hank aufzuklären. „Hank, du, der Papagei ist der Ladenbesitzer und der Mensch da ist nur sein Haustier!“

„Quatsch. Du siehst dir zu viele Science-Fiction-Serien an.“ An den Papagei gewandt fuhr er fort: „Böse Polly. So was gehört sich nicht. Böse, böse, böse!“ Er drohte dem Papagei und dieser biss ihm abermals in seinen Zeigefinger hinein.

„Aua!“

„Was ist denn jetzt schon wieder?“

„Polly hat mich schon wieder gebissen!“, wimmerte Hank.

„Lass mich mal das Ganze regeln.“ Old Bob zog Hank zurück.

„Verehrter Herr Ladenbesitzer, wir möchten gerne seine Uhr zur Reparatur bei Ihnen abgeben und dies hier ist das Geld, das wir dafür besitzen.“ Old Bob nahm Hank die Scheine aus seiner heilen Hand.

Der Papagei kletterte auf seiner Stange in Old Bobs Richtung, während das Gestell durch eine unsichtbare Kraft in dessen Richtung gelenkt wurde.

„Hmm, das ist genug Geld. In der Tat. Korax“, überlegte der Papagei.

„Sie sollten dem Papagei Manieren beibringen!“, sagte Hank zu dem Mann hinter den Tresen, der sich bis jetzt noch nicht sonderlich zu der Situation geäußert hatte.

Der Mann nickte.

„Zeigt mir mal die Uhr! Korax“, fuhr der Papagei fort, ohne auf die weitere Beleidigung zu achten. Old Bob war froh, dass er nicht darauf einging. Er nahm Hank ohne zu fragen die Uhr vom Handgelenk.

„Aua!“, beschwerte sich Hank.

„Jetzt sei nicht so zimperlich, Mann!“ Mit der Uhr ging er zu dem Papagei hinüber und hielt sie ihm hin.

„Nein. Korax!“ Der Papagei schüttelte seinen Körper und flatterte mit seinen Flügeln. „Das kann ich nicht reparieren. Korax. Das ist viel zu alt. Korax. Aber ich kenne jemanden, der das immer noch macht. Korax.“

„Hey, Sie haben doch ein Problem!“, meinte Hank zu dem Mann hinter den Tresen und kniff die Augen zusammen. „Der Papagei tanzt Ihnen doch auf der Nase herum und Sie stehen einfach nur da und nicken.

Der Mann nickte.

„Das ist genau das Problem von dem ich gesprochen habe, Mann!“

Der Mann nickte abermals.

„Und wer könnte das machen, Sir?“, fragte Old Bob.

„Geben Sie mir mal die Navigationskugel Ihres Raumschiffs. Korax!“

Old Bob holte einen eiförmigen Gegenstand heraus und zeigte ihm dem Papagei.

„Korax. Du liebe Güte! Korax. Was ist denn damit passiert? Korax.“

„Ein Unfall. Wir gerieten in einen Meteoroidensturm und Johnny hatte sie bei sich, als er … na ja … darauf fiel.“

„Verstehe. Korax.“ Der Papagei nickte.

Der Mann nickte eifrig.

„Hey, hören Sie damit auf“, grunzte Hank. Zu Old Bob meinte er: „Jetzt hör schon auf, mit dem Vieh zu reden! Komm, lass uns lieber gehen. Wir müssen einen richtigen Uhrmacher suchen.“

„Blöder Hund! Korax!“, schimpfte der Papagei. „Ihr Dorftrottel schnallt es einfach nicht! Korax.“

„Bitte die Koordinaten, Sir“, hakte Old Bob höflich nach.

„Na schön. Korax“, seufzte der Papagei und hackte mit seinem Schnabel auf der Navigationskugel herum.

„Pass auf, du dämliches Vieh! Du machst sie nur kaputt!“, rief Hank erbost, als er das sah, und versuchte, den Papagei zu verscheuchen. Nachdem dieser mit der Eingabe fertig war, flatterte er durch die Luft und hackte Hank mit seinem Schnabel auf den Kopf, dann flog er wieder zurück zu seiner Stange.

„Aua!“, schrie Hank.

Der Mann nickte.

„Vielen Dank und beehren Sie uns bald wieder! Korax!“, kreischte der Papagei.

„Wir haben zu danken, auch wenn mein unterbelichteter Freund das nicht so ganz kapieren mag!“ Old Bob nickte in Hanks Richtung.

„Ach, das macht nix. Mein Haustier ist auch unterbelichtet. Korax!“, meinte der Papagei belustigt.

Der Mann nickte heftig mit seinem Kopf.

„Wie wird denn ein Mensch ein Haustier?“, fragte Old Bob neugierig nach.

„Ach, Korax, die werden auf einem Planeten in der Beteigeuze schon so für uns Papageien gezüchtet. Korax!“

„Dann bekommt Polly eben keinen Keks!“ Wütend holte Hank einen halb zerbröselten Keks aus seiner Hosentasche hervor, schmiss ihn zu Boden und verließ Verwünschungen murmelnd den Laden.

Plötzlich ließ der Mann seinen Stock fallen, sprang hinter der Theke hervor und hechelte wie ein Hund, als er in Richtung des Keks eilte.

„Nein! Böser Mensch! Aus! Sitz! KORAX!“, schimpfte der Papagei und flog in einem Sturzflug hinunter zum Cracker. Kurz bevor der Mann den Keks erreichte, schnappte und verschlang ihn gierig der Papagei. Der Mann richtete sich wieder auf und winselte traurig.

„Nein! Böser Mensch. So was macht man nicht. Korax! Zurück mit dir hinter deinen Tresen! Korax!“

Old Bob sah über seine Schulter hinweg den Mann traurig hinter seinen Tresen schlurfen, während er wortlos den Laden verließ.

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